Orgelgemeinkunde


Zitiert aus Hans Haselböck: “Von der Orgel und der musica sacra“ S.19:

Die Stürme der Völkerwanderung zerbrachen bestehende Herrschaftsformen. Sie unterbrachen eine jahrhundertealte Kulturentwicklung und ließen die Kunst des Orgelbaues und Orgelspiels in Vergessenheit geraten. In den vornehmen Häusern des von den politischen Wirren weniger berührten Ostreiches bewahrt, kam nun einige hundert Jahre später ein solches Instrument, vom Bannkreis des Numinosen, des Wunderbaren und Geheimnisvollen umgeben, in unsere Gebiete – Schicksalsstunde einer Entwicklung, die ganze Generationen von Orgelbauern und –spielern in ihren Bann ziehen sollte, bis auf den heutigen Tag. Von der abendländischen Kirche übernommen, verbessert und durch die Verwendung bei der Liturgie geadelt, ertönt die orgel in unseren Dorfkirchen , in unseren Domen und Kathedralen ad maiorem Dei gloriam, zugleich Zeugnis ablegend für den ewig forschenden Menschengeist wie für den kleinen Mechaniker aus Alexandria.“

„Soweit ich es nun vermochte, diese schwierige Sache durch Worte klarzumachen,
habe ich es versucht – doch ist das nicht leicht.
Auch hat dafür nicht ein jeder Verständnis, es sei denn,
dass er in solchen Dingen Erfahrung besitze.
Sollte aber jemand aus meinen Worten kein klares Bild gewinnen können,
so wird er, wenn er einmal Gelegenheit hat,
so ein Ding in Augenschein zu nehmen, finden,
dass die ganze Anordnung desselben äußerst denkwürdig ist."

Vitruvius Pollio, De architectura““

Kurzbeschreibung:
Das Musikinstrument Orgel gehört in die Gruppen der Holz-,  Blechblas- und Tasteninstrumente.

Funktionsweise der Hydraulis und seiner Nachfolger 
In einem Wasserbecken (größerer Metallbehälter mit Wasser gefüllt) stand ein nach unten offener Metallbehälter (pnigeus), in den mittels Kolbenpumpen Luft gepresst wurde. Nach dem Prinzip der pneumatischen Wanne sorgte das Wasser für den Druckausgleich im Binnenbehälter, so dass die einzelnen Druckstöße der Luftpumpen in einen kontinuierlichen Windstrom umgewandelt wurden.

Die Pfeifen standen auf einer Registerkanzelle (canalis), die Tasten (pinnae) waren mit Tonschleifen (plinthides) verbunden, welche dem Wind den Weg aus der Kanzelle zur jeweiligen Pfeife freigaben. Federn (choragia) aus Metall oder Hornspänen führten die Taste nach dem Loslassen automatisch in ihre Ausgangsstellung zurück.

Neben der Wasserorgel gab es schon verhältnismäßig früh die Balgorgel. Hiebei wurde die komplizierte Windanlage mit Kolbenpumpen, Druckgefäß und Wasser durch das einfache Balggebläse, mit den schon seit langem bekannten Schmiedebälge ersetzt. Trotz der wesentlich schlechteren Windqualität (Druckkonstanz) setzte sich die Balgorgel aus rein praktischen Gründen rasch durch. Sie war leichter und besser transportierbar.

I.) die Hauptteile der Orgel
1.) Windwerk
     Windladen

2.) Regierwerk(Traktur)
     Spieltisch
     Pfeifenwerk 

1.) Die Winderzeugung
Mittels Schöpfbälgen, die mit einer Zug- oder Treteinrichtung verbunden sind, wird Luft geschöpft und in den Magazinbalg geblasen. der Magazinbalg mit Wind gefüllt. Dieser ist so dimensioniert, dass bei vollem Spiel noch immer genügend Wind vorhanden ist, sodass der Orgel nicht die „Luft ausgeht“. Die gebräuchlichsten Formen sind Schwimmer- und Mehrfaltenbalg. Heute übernimmt die Funktion der Schöpfbälge und deren Arbeit ein Elektromotor, der ein Windrad antreibt, welches die Luft in den Balg fördert.

Sobald die Luft durch das Schleudergebläse  oder Schöpfbalg gegangen ist, nennen die Orgelbauer sie Wind. Wind aus einem guten Grund, weil nämlich der Druck, der für das Erklingen der Orgelpfeifen notwendig, nur ein Windhäuchlein ist. Circa 50 mm WS. Was soviel bedeutet wie fünfzig Millimeter Wassersäule.  Vergleichend sei erwähnt, dass 1mmWS (ein Millimeter Wassersäule) 0,0001 ATÜ entspricht. Gemessen wird der Winddruck mit einer Windwaage, einem U-förmigen Glasrohr indem sich Wasser befindet. Die Belastung des Magazinbalges bestimmt den Winddruck. Über Windkanäle wird nun der Wind vom Magazinbalg in die Windladen geführt.

2.)Die Windladen
haben die Aufgabe den Wind den einzelnen Pfeifen zuzuteilen, das Pfeifenwerk zu tragen und die Ventile für die Windsteuerung aufzunehmen. Windladen werden heute im Regelfall aus Massivhartholz gefertigt.

Wir unterscheiden drei Systeme:

2.a.) Tonkanzellenladen(wie z.B. Springlade, Schleiflade, Castanederlade...)
2.b.) Registerkanzellenladen(wie z.B. Hängeventillade, Taschenlade, Kegellade...)
2.c.) Multiplex- oder Unitladen
2.a.) Tonkanzellenlade

Bei dieser Ladenform stehen sämtliche Töne gleicher Tonbezeichnung hintereinander auf einem schmalen Windgang -- Tonkanzelle genannt.

 

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